Haushaltsrede 2019

Herr Bürgermeister,
liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
meine Damen und Herren,
ursprünglich wollte ich es in diesem Jahr kurz und bündig machen und den vorliegenden Haushaltsentwurf a priori ablehnen. Denn ich bin im Grundsatz gegen Doppelhaushalte, weil sie der Vertretung unserer Bürgerschaft – also uns Ratsmitgliedern – die Chance nehmen, im darauffolgenden Jahr unmittelbar Einfluss auf die Haushaltsplanungen der Verwaltung nehmen zu können. Richtigerweise wird das Haushaltsrecht des Parlaments als „Königsdisziplin“ des Parlamentarismus bezeichnet. Das parlamentarische Budgetrecht, also die Kontrolle über Einnahmen und vor allem Ausgaben unserer Stadt, gehört zu unseren wichtigsten Funktionen, weil die Verwaltung dem Rat in Vertretung der Bürgerschaft Rechenschaft über ihre Ausgabenwünsche ablegen muss. Dieses Recht wird jedoch durch Doppelhaushalte geschmälert, weil der Verwaltung in ihrem Handeln nun zwei Jahre lang praktisch „freie Hand“ gegeben wird. Hinzu kommt, dass ein Doppelhaushalt 2019/2020 Haushaltsberatungen direkt vor der Kommunalwahl 2020 verhindert. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Dass ich mich heute trotz dieser Bedenken nicht kurz fassen werde, liegt daran, dass ich die Begründung für die Notwendigkeit, dieses Mal einen Doppelhaushalt aufstellen zu müssen, – nämlich die 2019/2020 anstehende Umstellung der eingesetzten Finanzsoftware mit notwendiger Einarbeitungszeit für die Verwaltung – nachvollziehen kann. Darum werde ich mich nun doch ausführlicher als geplant äußern.

Wie schon für 2018 sieht auch der Haushaltsentwurf für die Jahre 2019 und 2020 Überschüsse im Kernhaushalt vor – dieses Mal in Höhe von jeweils rund einer halben Million Euro. Einerseits ist diese Tatsache erfreulich. Andererseits darf dabei nicht übersehen werden, dass der „Gesamtkonzern Stadt Spenge“ wegen des Wirtschaftsbetriebes weiterhin defizitär ist. Vor allem für die Sanierung der Sparte „Infrastruktur“ ist in den kommenden Jahren ein finanzieller Kraftakt vonnöten, um endlich auch hier positive Ergebnisse erzielen zu können. Folglich ist die geplante erhebliche Anhebung der Betriebskostenzuschüsse an den Wirtschaftsbetrieb geboten. Denn erst wenn der „Gesamtkonzern Stadt Spenge“ Überschüsse erwirtschaftet, kann tatsächlich von einer Trendwende hin zu einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung gesprochen werden. So werden wir damit leben müssen, dass mindestens bis 2020 weiterhin ein Verzehr des Eigenkapitals der Stadt erfolgt, und – so die Prognosen – erst ab 2021 eine Ausgleichsrücklage aufgebaut und damit das Eigenkapital der Stadt endlich wieder vermehrt werden kann.

Bekanntlich hat die positive Entwicklung der städtischen Finanzen viele Väter:

Apropos Liquiditätskredite: Dass uns diese nicht finanziell das Genick brechen, verdanken wir den momentanen Minizinsen, durch die die erschreckend hohen Kassenkredite nahezu kostenlos erscheinen. Trotz Haushaltskonsolidierung verharren diese kurzfristigen Schulden der Stadt durchschnittlich bei gewaltigen 23 bis 24 Millio­nen Euro. Und trotz Senkung des Höchstbetrages der Liquiditätskredite um zwei Millionen Euro liegt dieser nötigenfalls bei besorgniserregenden 29 Millio­nen Euro. Zugunsten der Leistungsfähigkeit unserer Stadt bleibt zu hoffen, dass die EZB ihren Währungskurs über das Jahr 2019 hinaus beibehält. Denn stark steigende Zinssätze würden schnell den im Haushaltsentwurf eingerechneten Sicherheitsbetrag für höhere Zinsrisiken übersteigen und damit den Haushalts­ausgleich gefährden.
Inwieweit sich eine Kommune entwickelt und zukunftsfest macht, kann man auch bei den investiven Vorhaben ablesen. Nicht zuletzt dank zahlreicher Fördermittel und höherer Pauschalen des Landes sind in unserer Stadt auch zukünftig solide sinnhaltige Investitionen möglich. Hier seien nur die größeren geplanten Maßnahmen genannt:

Alle diese Investitionen sind in meinen Augen sinnvoll und nachhaltig. Jedoch tragen sie lediglich dazu bei, den Bestand zu verbessern oder zu ergänzen. Dagegen lässt der Planentwurf abermals keinerlei Visionen erkennen. Wie im vergangenen Jahr wünsche ich mir beispielsweise immer noch, dass nicht nur unsere Schulen digital zukunftsfest gemacht werden, sondern wir uns auch schnellstmöglich auf den Weg zu einer digitalen Verwaltung 4.0 machen würden. Doch erforderliche Mittel hierfür suche ich auch in diesem Haushaltsentwurf vergeblich. Da heute der Haushalt für zwei Jahre beschlossen wird, werde ich folglich weiterhin noch lange darauf warten müssen, bis wir in Spenge eine Verwaltung erleben dürfen, die Behördengänge zugunsten von Homeoffice überflüssig macht.

Ich komme nun zum Fazit meiner Ausführungen:

Erfreulich ist, dass nicht nur auch in den kommenden Jahren der Ausgleich des Kernhaushaltes zu erwarten ist, sondern zudem in naher Zukunft der Verzehr des Eigenkapitals unserer Stadt beendet sein soll. Unter dem Strich stehen daher gute Zahlen. Zudem sind zahlreiche sinnhaltige investive Maßnahmen vorgesehen. Jedoch suche ich Visionen vergeblich. Natürlich ist die Verschuldung unserer Stadt weiterhin besorgniserregend. Zinserhöhungen würden Gift für den Haushalt sein. Zudem besteht angesichts nachlassender Konjunktur und der Gefahren durch den immer stärker um sich greifenden weltweiten Protektionismus das Risiko ausbleibender Steuereinnahmen. Der Mahnung von Frau Jenniches am 7. Februar, am Konsolidierungskurs festzuhalten, stimme ich daher uneingeschränkt zu.

Da der vorliegende Haushaltsentwurf der letzte in dieser Wahlperiode ist, wird der nächste Stadtrat den Spagat zwischen weiterer Haushaltskonsolidierung auf der einen und weiterer steuerlicher Entlastung unserer Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite hinbekommen müssen.

Schlusssatz:

Insgesamt liegt uns zwar kein überragender, aber meines Erachtens ein solider Haushaltsentwurf vor, dem ich darum trotz einzelner Bedenken dennoch zustimmen kann!

von Rainer Kalla, FDP-Ratsherr Stadtrat Spenge


21. März 2019

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